Was der Tg-Wert aussagt
Der Tg-Wert ist für Elektronikentwickler und Leiterplattendesigner ein entscheidender Parameter bei der Auswahl des Basismaterials. In diesem Beitrag erklären wir, was für den späteren Betrieb der elektronischen Baugruppe zu beachten ist und geben eine Daumenregel, wo der Tg-Wert liegen sollte.
Die Rolle des Tg-Wertes in der Entwicklung
Der Tg-Wert oder die Glasübergangstemperatur von FR-4 ist ein zentrales Auswahlkriterium für Entwickler und Leiterplattendesigner. Bei dieser Temperatur geht das Harz des Basismaterials von einem harten zu einem weichen, elastischen Zustand über und die Z-Achsen-Ausdehnung (CTEz) nimmt deutlich zu.
Die Folge dieser Ausdehnung sind Risse der kontaktierten Vias und/oder Abrisse der innenliegenden Leiterbahnen von den Viahülsen. Es können auch Delaminationen auftreten, die zu einer partiellen Auflösung des verpressten Materialverbundes führen. Die Folge ist der Ausfall der elektronischen Baugruppe oder des Gerätes.
Typische Tg-Werte für FR-4-Materialien liegen bei:
- Standard Tg 130°C
- Mittel Tg 150°C
- Hoch Tg 170°C
Warum liegt der Fokus auf dem Tg-Wert?
Der Tg-Wert des verwendeten FR4-Materials muss also sorgfältig ausgewählt werden, um sicherzustellen, dass die Betriebstemperatur, z.B. die Umgebungstemperatur oder die Temperatur in der Nähe ICs, mit einer gewissen Toleranz stets unterhalb dieser Schwelle bleibt.
Üblicherweise sollte der Tg-Wert etwa 20 bis 30°C über der höchsten Betriebstemperatur des Gerätes liegen.
Ein Beispiel: Die Maximaltemperatur einer Baugruppe ist auf 85°C festgelegt. Zuzüglich der 30° sollte der Tg des Basismaterials mind. 115°C betragen. Bei einer Baugruppe mit einer maximalen Einsatztemperatur bis 125°C, zzgl. der 30°bedeutet dies für den Tg ≥ 155. In diesem Fall ist ein Hoch-Tg-Material 170 erforderlich.
Kosten vs. Leistung
Der Lötprozess beim Montieren der elektronischen Bauteile ist eine starke thermische Belastung für die Leiterplatten. Hier ist der Tg ist nur begrenzt ein Auswahlkriterium. Höhere Tg-Werte bedeuten nicht zwangsläufig eine höhere Temperaturbeständigkeit bei der Verarbeitung. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Leiterplatte während der Bauteilebestückung im Lötprozess Schaden nimmt, sinkt. Allerdings bedeuten höhere Tg-Werte höhere Materialkosten und aufwändigere Fertigungsprozesse.
Und noch etwas müssen Entwickler beachten: Maßnahmen zur Steigerung des Tg-Wertes gehen oft mit einer Verringerung der Kupferhaftfestigkeit einher und bedeuten sprödere Materialien; daher der aufwändigere Fertigungsprozess beim Leiterplattenhersteller.
Um in der Leiterplattenbestückung das Risiko thermo-mechanischer Fehlerbilder, wie zum Beispiel Delamination zu minimieren, müssen weitere Kenngrößen einbezogen werden, vor allem die Zersetzungstemperatur Td.
Um zu veranschaulichen, welche Einflüsse das Löten der Bauteile auf das Verhalten des Basismaterials der Leiterplatte haben kann, haben wir bereits 2013 einen ausführlichen Beitrag über die Zusammenhänge erstellt, der auch heute noch gültig ist.
> Wieviele Lötzyklen eine Leiterplatte von Eurocircuits übersteht?
Die Eigenschaften von FR-4
Die Eigenschaften, Verarbeitungsprozesse und Zusammenhänge der entscheidenden Parameter von FR-4 für das Leiterplattendesign erklärt ein eigener Blog. Das Verständnis der Zusammenhänge hilft, zuverlässige Hardware zu konstruieren.
> Was Designer über FR-4 wissen sollten
Eurocircuits hat die Leistungsfähigkeit von FR-4-Materialien speziell für bleifreie Lötprozesse getestet. Für unsere Pooling-Fertigung verwenden wir Basismaterial mit einem mittleren Tg-Wert von 145°C, Td 350°C und CTEz 3%: Isola IS400 und NanYa NP-155-F.
> Leiterplatten aus Eurocircuits Standard-Pool
Die wichtigsten Fakten zusammengefasst:
- Der Tg-Wert ist ein entscheidender Faktor bei der Auswahl von FR4-Basismaterialien.
- Richtgröße ist die Dauereinsatztemperatur des späteren Gerätes. Der Tg-Wert sollte 20 bis 30°C über der höchsten Betriebstemperatur liegen.
- Höhere Tg-Werte bieten Vorteile hinsichtlich der thermischen Stabilität und Zuverlässigkeit, verteuern aber die Leiterplatte.
